Schweizer Jakobsweg – Tag 5
Freitag, 18.06.2021 Prolog: Kloster Einsiedeln
Unglaublich! Zwei Jahre ist es schon her, seit ich meine letzte Etappe in Einsiedeln in der Schweiz beendet hatte. Es war Corona und 2020 ging leider gar nichts auf dem Jakobsweg ☹. Aber die Einschränkungen haben wir ja alle durchmachen müssen. Auch jetzt gilt unterwegs immer noch Maskenpflicht in vielen Gebäuden und überall gibt es Desinfektionsmittel, um sich die Hände zu desinfizieren. Aber zum Glück stehen wieder Pilgerunterkünfte bereit für die Übernachtung.
Es ist mir schon das eine oder andere Mal schwer gefallen im letzten Jahr, dass ich nicht einfach weiterlaufen konnte. Was mir geholfen hat, die Zeit zu überstehen, ohne den Jakobsweg gehen zu können, war z. B. der zauberhafte Blog von Nadine, den ich bereits am Anfang meiner Webseite erwähnt hatte. Da konnte ich zumindest in Gedanken den Weg gehen.
Ich hatte früh morgens die S-Bahn nach München genommen und dann den IC nach Zürich und schließlich die Regionalbahn bis Einsiedeln. Um 13:30 Uhr kam ich dort an und hatte diesmal das Glück, dass ich ein Zimmer im Kloster ergattern konnte. Irgendwie üben diese alten Gemäuer und die ganz spezielle Atmosphäre im Kloster einen besonderen Reiz aus.
Ich hatte somit ausreichend Zeit, das Kloster und den Ort Einsiedeln zu inspizieren und mich einzustimmen auf eine Woche Pilgern auf dem Schweizer Jakobsweg. Ziel war, bis nach Fribourg zu gehen.
Im Kloster gibt es schon immer früh Abendessen und so ging ich um 17:30 Uhr ins Refektorium (Essenssaal). Da saßen bereits zwei Männer an einem Tisch und unterhielten sich angeregt. Sie forderten mich gleich auf, mich zu ihnen zu setzen. Einer der beiden war Matt, ein Amerikaner, der auch auf dem Jakobsweg war. Der andere, dessen Namen ich mir nicht merken konnte, verbrachte ein paar Tage zur inneren Einkehr im Kloster. Beide betrachteten Religion aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln und beide noch mal ganz anders als ich. Matt würde ich als typischen amerikanischen christlichen Fundamentalisten beschreiben. Ich konnte mich mit den Meinungen der beiden überhaupt nicht anfreunden und war fast froh, als ich mit dem Essen fertig war und mich verabschieden konnte.
Abends um 20 Uhr gab es dann das sogenannte „Komplet“ eine Andacht der Mönche in der Klosterkirche. Gerade auf dem Jakobsweg fesseln mich diese religiösen Rituale doch immer wieder und ich nahm gerne daran teil. Danach streifte ich noch etwas durch den Ort, bevor ich zum Kloster zurückkehrte. Als ich auf dem Weg zur Pforte war, rief mich plötzlich jemand mit Namen. Überrascht sah ich mich um und sah Matt im Fenster seines Zimmers sitzen. Er fragte, ob ich Lust hätte, ein Glas Rotwein mit ihm zu teilen. Nach der Erfahrung beim Abendessen war ich etwas skeptisch, aber die Neugierde siegte und ich sagte zu.
Es waren dann zwei Stunden sehr anregender, interessanter und auch sehr persönlicher Gespräche, die mir einen Einblick in das Leben von Matt gaben und die Beweggründe warum er – und wahrscheinlich auch viele andere konservative Amerikaner – viele Sachen anders sehen als wir Europäer. Auf jeden Fall verabschiedeten wir uns freundschaftlich und ich war überzeugt, dass wir uns in den nächsten Tagen noch häufiger über den Weg laufen würden. Das passiert überraschenderweise nicht und er hat mir später per E-Mail geschrieben, dass er sich kurzfristig entschieden hatte, noch länger im Kloster zu bleiben und er sich erst zwei Tage später auf den Weg machte. Schade eigentlich, denn es war ein wirklich netter Abend.
Praktische Tipps
Die Informationen zum Kloster Einsiedeln habe ich ja schon im vorherigen Post angegeben
(https://www.kloster-einsiedeln.ch/jakobspilger/).
Wer sich vorab über Einsiedeln informieren möchte, findet unter https://www.myswitzerland.com/de-ch/reiseziele/einsiedeln/ die wichtigsten Informationen.