Münchner Jakobsweg – Tag 8
Montag, 16. Juli 2018 Von Lechbruck nach Geisenried
(31 km)
Am nächsten Morgen ging es weiter über Bernbeuren nach Marktoberdorf. Kurz nach Lechbruck kam ich an einer neu errichteten St. Jakobskapelle vorbei.
Und man merkt, dass man jetzt im Allgäu ist. Viele Kühe und kleine Kälber musterten ein neugierig beim Vorbeigehen.
Ein besonderes Erlebnis, wie man es wohl nur auf dem Jakobsweg erlebt (oder wenn man einfach zu Fuß durchs Land läuft?) hatte ich, als ich am Rande einer Wiese entlang lief. Mitten auf der Wiese stand ein älterer Mann mit einem Handkarren und etwas Werkzeug. Ich grüßte freundlich rüber und bekam einen freundlichen Gruß zurück. Davon ermutigt und von meiner Neugier getrieben, ging ich auf den älteren Herrn zu. Bei ihm angekommen sagte ich ihm, dass ich sehr neugierig sei, was er hier machen würde. Ein wenig fürchtete ich ja, dass er mich einfach von der Wiese scheuchen würde. Aber er musterte mich und meinte dann etwas verschmitzt: „Ich habe meine Geldbörse irgendwo auf der Wiese verloren und suche die jetzt. Magst Du mir beim Suchen helfen?“ Er hatte allerdings eine Gräpe in der Hand und war dabei etwas tiefer zu graben. Ganz so leicht ließ ich mich dann auch nicht ins Bockshorn jagen. Ich antwortete lächelnd: „Ja ist klar. Und weil die Geldbörse schon eingewachsen ist, musst Du jetzt die ganze Wiese umgraben.“ Er lächelte zurück und meinte: „Du hast mich wohl durchschaut. Ich bin ein armer Bauer und bessere meine Rente damit auf, dass ich Mäuse fange. Meine Frau freut sich schon, wenn sie heute Mittag welche braten kann. Dann kommt mal wieder Fleisch auf den Tisch.“ Darauf sagte ich: „Das ist sehr gut. Und das Mäusefell könnt ihr auch noch verkaufen.“ Jetzt mussten wir beide schallend lachen und man merkte deutlich, dass wir beide viel Spaß an unserem Dialog hatten. Der ältere Herr erzählte mir dann – ernsthaft – dass er tatsächlich versuchte, die Wühlmäuse zu verjagen, die bereits einige große Erdhaufen quer über die Wiese aufgehäuft hatten. Ich berichtete, wo ich hin wollte, und wir kamen über alles Mögliche ins Plaudern. So standen wir fast eine halbe Stunde zusammen. Jetzt bin ich selbst auch in einem Dorf aufgewachsen (in Niedersachen) und wohne auch wieder in einem Dorf (in Bayern). Trotzdem kamen wir beide aus sehr unterschiedlichen Lebenswelten, verstanden uns aber prächtig. Nach einer halben Stunde verabschiedeten wir uns herzlich. Ich wünschte ihm noch guten Jagderfolg und er mir einen guten Weg. Es war eine Begegnung, die mir bis heute sehr stark in Erinnerung geblieben ist.
Hinter Bernbeuren liegen etwa 300 Höhenmeter Aufstieg auf den Auerberg vor einem, der auf 1055 m liegt. Zu Beginn wird einem der Weg auf den Auerberg aber versüßt durch die wildromantische Feuersteinschlucht. Das ist auf jeden Fall ein weiteres Wegehighlight auf dem Münchner Jakobsweg.
Aber auch der Rest des Aufstiegs durch den Wald lässt sich sehr gut bewältigen. Dafür wartet dann auf dem Auerberg eine Gaststätte und ich genehmigte mir einen Russ, um meinen Durst zu stillen. Auf dem Auerberg erwarten einen dann noch einige Informationen zu alten römischen Wallanlagen, deren Reste man dort oben noch erkennen kann.
Über Stötten geht es dann Richtung Marktoberdorf. Und kurz vor Marktoberdorf hatte ich die zweite interessante Begegnung des Tages. Bei einer großen Scheune mitten in der Pampa stand eine Frau und war dabei eine Katze zu rufen, die dann auch schnell angesprungen kam. Auch hier kamen wir schnell ins Gespräch und sie erzählte mir, dass sie die Katze irgendwann an der Scheune entdeckt hatte, als diese noch klein war. Seitdem war über ein Jahr vergangen und sie kam jeden Tag hier raus, um die Katze zu füttern. Wenn Sie mal nicht konnte, weil sie im Urlaub war oder anderweitig verhindert, übernahm ihre Nachbarin die Fütterung. Heimnehmen wollte sie die Katze nicht, weil sie meinte, dass die Katze hier zu Hause war. Ich war ehrlich gesagt sehr gerührt über diese wirklich selbstlose Tierliebe. Klar, dass auch hier wieder fast eine halbe Stunde fürs Quatschen (und Katze streicheln) drauf ging.
Aber ich hatte auch nicht mehr weit bis nach Marktoberdorf. Der Ort ist dafür bekannt, dass hier die Fendt-Traktoren gebaut werden. Entsprechend war ich nicht besonders überrascht, dass in der Stadt auffällig viele Traktoren fuhren.
Allerdings hatte ich mich entschlossen, nicht in Marktoberdorf zu übernachten, obwohl es dort mit Heidis Pilgerquartier eine gute Adresse gibt. Da ich am nächsten Tag von Kempten aus zurückfahren musste und dort nicht zu spät ankommen wollte, bin ich nach einem Kaffee und einem Stück Kuchen im Zentrum von Marktoberdorf noch etwa 5 km weitergegangen bis nach Geisenried. Das Stück von Marktoberdorf bis Geisenried ist mir allerdings als das unattraktivste Wegstück auf dem ganzen Münchner Jakobsweg in Erinnerung geblieben. Vor allem die letzten 2-3 Kilometer direkt an einem Gehweg an der Bundesstraße entlang, vorbei an einige Gewerbegebieten, waren nicht wirklich schön.
In Geisenried mietete ich mich im Gasthof Stocker ein. Die Zimmer waren hauptsächlich von Handwerkern belegt, die auf Montage waren und waren nicht wirklich attraktiv. Aber zum Schlafen reicht es. Außerdem bekam im Gasthaus noch Abendessen serviert, obwohl Montag eigentlich Ruhetag war. Und das Frühstück am nächsten Morgen war auch nicht schlecht.
Praktische Tipps:
Die Feuersteinschlucht ist ein absolutes Kleinod und wirklich herrlich zu laufen. Wer sich vorher informieren möchte und noch mehr Lust bekommen möchte, durch die kleine Schlucht zu laufen, findet Informationen unter https://www.tief-im-allgaeu.de/durch-die-feuersteinschlucht-auf-den-auerberg/ .
Oben auf dem Auerberg angekommen wartet der Panorama-Gasthof Auerberg. Perfekt für eine kleine Erfrischung und Stärkung.
Ich habe wie gesagt nicht in Heidis Pilgerquartier in Marktoberdorf übernachtet. Wer Marktoberdorf als Etappenort auswählt – was durchaus empfehlenswert ist – ist dort bestimmt gut aufgehoben.
Ich war bis Geisenried gelaufen und habe dort im Gasthof Stocker genächtigt.
Alternative: Ab Marktoberdorf gibt es eine wohl landschaftlich reizvolle Alternative nach Kempten mit einer Hängebrücke über die Wertach. Dieser Weg ist mit 41 km allerdings sehr lang. Aber man kann ja einen Zwischenstopp einlegen, wenn man genug Zeit hat. Kurze Informationen findet man z. B. auf der Seite von Hanna-Jakobsweg unter der 7. Etappe. Ich bin den kürzeren Weg nach Kempten (31 Km) gelaufen, da ich am nächsten Tag von Kempten mit dem Zug zurück musste. Ich glaube, heute würde ich mich für die längere Variante entscheiden und irgendwie einen zusätzlichen Tag einplanen.